Der Fall Lonsdale oder die Schattenseiten von Markenbindung.

Die Bindung von Konsumenten an eine Marke ist Mittelpunkt sämtlicher Marketingaktivitäten eines Unternehmens. Doch was ist eigentlich, wenn eine Marke treue Kunden, eine hohe Wiederkaufsrate und einen ansehnlichen Marktanteil erreicht hat, aber die loyalen Markenfans gar nicht haben möchte?


Diese Schattenseite der Markenbindung musste die Marke Lonsdale erfahren. 1959 wird die Boxsportmarke von dem Boxer Bernhard Hart gegründet. Er weiß, was Boxer benötigen und feiert in der Szene große Erfolge. Der Durchbruch kommt, als Muhammad Ali die T-Shirts mit dem Markenaufdruck regelmäßig trägt. Die Bilder sind weltbekannt. Lonsdale wird zum Streetlabel und nun auch außerhalb des Rings getragen. Der Erfolg der Marke nimmt seinen Lauf, doch plötzlich taucht das Logo vornehmlich in der rechten Szene auf. Die Nazis beanspruchen die Marke für sich. Laut Lonsdale geschieht dies durch einen Szenewandel, verursacht durch die englische Wirtschaftskrise in den 1980er Jahren. In Deutschland hält sich eine andere Theorie: die Buchstabenfolge NSDA im Markennamen, erinnert an die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei. Das Bild eines glatzköpfigen Neonazis, mit offener Bomberjacke, darunter ein Lonsdale-Shirt und nur die Buchstaben „NSDA“ sichtbar, prägt sich Mitte der 90er in die Köpfe der Menschen. Seitdem kämpft die Marke dagegen an. Doch was einmal in den Köpfen der Konsumenten verankert ist, kann man nicht so einfach wieder ausradieren. Dies trifft umso mehr bei negativen Inhalten zu. Lonsdale musste Taten sprechen lassen. Im ersten Schritt gingen die Verantwortlichen ihre Händlerlisten systematisch durch. Wer rechte Kunden als Stammpublikum hatte, wurde fortan nicht mehr beliefert. Der Umsatz in Deutschland verringerte sich folglich um etwa 35 Prozent, in Sachsen sogar bis zu 75 Prozent, berichtet Geschäftsführer Guert Schotsmann in einem Interview mit der W&V. Lonsdale musste diese Umsatzeinbußen schlucken, um dann, Schritt für Schritt, eine neue Markenpositionierung aufzubauen. Diese ist auch auf der Website des Sportartikelherstellers klar zu erkennen. Sie sponsern linke Vereine wie St. Pauli oder den roten Stern Leipzig, sie engagieren sich für Flüchtlinge, sind Partner der Initiative „Laut gegen Nazis“. Mit „Lonsdale Loves All Colours“ positioniert sich die Marke gegen Diskriminierung aufgrund von Hautfarbe, Herkunft, Geschlecht oder Religion. Lonsdale macht alles richtig. Sie lassen sich ihre Marke von der rechten Szene nicht wegnehmen, halten an ihren Wertvorstellungen und ihrer Markenvision fest. Auch wenn es vermutlich noch einige Jahre dauern wird, bis das rechte Image vollkommen abgeschüttelt ist (das Internet vergisst leider nie), befindet sich die Marke auf dem besten Weg dahin, treue Kunden an sich zu binden, die sie auch wirklich haben möchte.




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